Bessere Bewerbungsgespräche vorbereiten

HR-Wissen

Bewerbungsgespräch

Robin Klix

Geschrieben von

Das Bewerbungsgespräch

Ziel des Bewerbungsgesprächs (auch Vorstellungsgespräch oder Job-Interview genannt) ist es, die Eignung eines Kandidaten für eine Stelle vorherzusagen. Dafür wird in einem Gespräch zwischen Bewerber und einem oder mehreren Interviewern (z.B. Personalberater, zukünftigem Chef, Personalreferent) gezielt nach bewerbungsrelevanten fachlichen und persönlichen Merkmalen gefragt. Gleichzeitig hat der Bewerber die Möglichkeit, das Unternehmen und die Stelle besser kennenzulernen.

Neben der Auswertung von Bewerbungsunterlagen ist das Job-Interview das beliebteste Auswahlinstrument und in kleinen und mittelgroßen Unternehmen häufig die einzige Methode für die Endauswahl von Kandidaten. In größeren Unternehmen ist das Bewerbungsgespräch oft in Assessment-Center integriert. Die Beliebtheit des Bewerbungsgesprächs kommt daher, dass es über eine gute Vorhersagekraft verfügt, ob ein Kandidaten im Job erfolgreich sein wird (auch Validität genannt), und zeitlich sowie technisch relativ wenig aufwändig ist.

Allerdings kann die Qualität von Bewerbungsgesprächen sehr unterschiedlich sein. Mitunter hat ein ungenügend vorbereitetes und durchgeführtes Gespräch kaum noch Vorhersagekraft, ob ein Kandidat geeignet ist, und auf dieser Basis wird dann eine falsche Entscheidung gefällt. Der Interviewer sollte sich daher gut in die Thematik einarbeiten.

Auf welche Merkmale kann in einem Job-Interview geschlossen werden?

Vorausgesetzt das Interview ist strukturiert (s.u.) und die Fragen decken die Merkmale auch ab, können Sie folgende Vorhersagen treffen:

    • Fachliche Fertigkeiten und Wissen (Hard Skills)
    • Eigenschaften/Persönlichkeit (Soft Skills): z.B. soziale Kompetenz, analytisches Denken, Motivation
  • Konkrete Ergebnisse/Qualifikationen: z.B. Fachbereiche in Studium/Ausbildung

Diese Merkmale werden in erster Linie durch gezielte Fragen vorhergesagt. Darüber hinaus gibt die Leistung und das Auftreten des Interviewten selbst Aufschluss über seine Eignung für den Job, sofern sich die Erfolgskriterien für ein gutes Interview mit denen der jeweiligen Arbeitsstelle überlappen. Dazu gehören z.B. soziale Fähigkeiten, selbstsicheres Auftreten oder Rhetorik.

Tipps für gute Bewerbungsgespräche

Tipp 1
Job-Interviews können nach der Art der Strukturierung unterschieden werden. Dafür, wann ein Interview „strukturiert“ ist, gibt es keine einheitlichen Regeln. Generell ist ein Interview dann strukturiert, wenn zumindest ein grober Leitfaden für die Fragen vorliegt, die Interviewer gut vorbereitet sind oder die Informationssammlung während des Interviews und Entscheidung getrennt wird.

Häufig werden Interviews unstrukturiert (also eher intuitiv) geführt. Das ist zwar eine einfache Variante und benötigt kaum Vorbereitung, allerdings verringert es die Vorhersagekraft der Interviews. In zahlreichen internationalen Studien konnte immer wieder gezeigt werden, dass der Wert von Interviews stark steigt, wenn sie strukturiert sind.

→ Interviews sollten unbedingt strukturiert (Leitfaden, gute Vorbereitung) sein!

Tipp 2
Weiterhin haben sich in den letzten Jahrzehnten zwei Fragetechniken als besonders hilfreich herausgestellt, um die Validität von Interviews zu erhöhen. Diese beiden Techniken wurden bereits im Abschnitt der Anforderungsanalyse kurz angerissen. Beide Fragtechniken werden im unten stehenden Leitfaden kombiniert.

Nach vergangenem Verhalten wird im Behavior Description Interview gefragt. Die Idee dahinter ist, dass das tatsächliche Verhalten in der Vergangenheit Aufschluss über zukünftiges Verhalten und Eigenschaften gibt, und so eine Vorhersage über den Erfolg im Job gemacht werden kann.

Beispiel: „Wie sind Sie in ihrem letzten Job mit kurzfristigen Änderungen der Auftraggeber umgegangen?“

Das Situational Interview fragt nach zukünftigem Verhalten, also danach, wie sich der Interviewte potentiell in einer wichtigen Situation im Job verhalten würde.

Beispiel: „Wie würden Sie reagieren, wenn ein Auftraggeber kurzfristig den Auftrag ändert?“

→ Fragen nach dem Verhalten sollten sich wenn möglich auf die Vergangenheit beziehen. Hat der Kandidat diese Tätigkeiten noch nicht ausgeübt, kann nach dem Verhalten in einer potentiellen zukünftigen Situation gefragt werden.

Dos

  • Strukturierte Interviews führen
  • Fragen nach der Vergangenheit oder zukünftigem Verhalten
  • Nach kritischen Ereignissen fragen
  • Positives Gesprächsklima herstellen (Körperhaltung und Mimik, Getränk anbieten etc.)
  • Symmetrie aufbauen (z.B. durch Ermutigung,  jederzeit Frage zu stellen)
  • Offene Fragen stellen (keine Ja-Nein-Fragen)
  • Flexibel mit dem Leitfaden umgehen können

Don′ts

  • Nicht durch job-irrelevante Merkmale beeinflussen lassen (z.B. Äußerlichkeiten, Gemeinsamkeiten mit Interviewten, kultureller Hintergrund)
  • Keine suggestiven Fragen stellen (dem Interviewten eine Antwort nahelegen)
  • Selbst zu viel reden oder Fragen stellen. Der deutliche Hauptredeanteil liegt beim Interviewten!
  • Nicht mehrere Fragen gleichzeitig stellen
  • Bewerbungsgespräche vorbereiten, durchführen und auswerten

Vorbereitung des Bewerbungsgesprächs

Anforderungsanalyse durchführen

Im Interview wird versucht herauszufinden, ob der Bewerber über die notwendigen sozialen und fachlichen Kompetenzen verfügt, um die Stelle erfolgreich auszufüllen. Dafür ist es unerlässlich vorher genau zu analysieren, welches die gesuchten Merkmale sind. Nur so weiß man, nach welcher Art von Bewerber man sucht und kann eine Entscheidung fällen.

Wie Sie eine Anforderungsanalyse erstellen lesen Sie hier

Leitfaden erstellen

Wie bereits oben beschrieben, sind strukturierte Interviews sehr viel aussagekräftiger als unstrukturierte. Das Hauptmerkmal eines strukturierten Interviews ist der Leitfaden. In diesem wird das Interview in bestimmte Abschnitte geteilt und es werden Fragen sowie deren Reihenfolge festgelegt (von denen aber natürlich abgewichen werden kann, wenn dies die Situation erfordert). Dadurch wird sichergestellt, dass nach allen wichtigen Erfolgsmerkmalen gefragt wird. Außerdem sind die Interviews von mehreren Kandidaten besser vergleichbar.

Der folgende Leitfaden kann als Vorlage für ein Interview genutzt werden und gibt Beispielfragen an. Ein vollständig vorformulierter Fragebogen kann nicht vorgegeben werden, da die Fragen immer von den Anforderungen und weiteren Merkmalen der Stelle abhängig sind.

Die Vorlage ist an das Multimodale Interview nach Heinz Schuler (MMI; 1992) angelehnt. Dieses hat sich in vielen wissenschaftlichen Studien sowie in der Praxis als sehr hilfreich herausgestellt, da Elemente des Behavior Description Interviews sowie des Situational Interviews vereint werden. Die Fragen können, müssen aber nicht, so vollständig ausformuliert werden. Einige Interviewer ziehen Stichwörter vor.

Anforderungsbezogene Fragen erstellen: Beispiel

Anforderung: Verhandlungsgeschick

Mögliche Frage: „Erzählen Sie mir von einer Situation in welcher Sie ein Problem mit einem Kunden hatten. Wie haben Sie dieses Problem gelöst?“

Die Fragen sollten auf kritische Ereignisse abzielen, also auf schwierige Situationen, in denen sich gut zeigt ob jemand für den Job geeignet ist. Die Situationen sollten sich bereits aus dem Gespräch mit der Fachabteilung zur Anforderungsanalyse ergeben habe.

Durchführung: Interviewaufbau- und leitfaden

Während des Interviews sollten Notizen gemacht werden. Die Beurteilung findet erst danach statt. So wird Durchführung und Auswertung voneinander getrennt. Die Größe der Felder hängt von der Anzahl und Komplexität der Fragen ab und Sie können sie an Ihr Interview anpassen.

Auswertung des Bewerbungsgesprächs

Zunächst ist es wichtig anzumerken, dass nicht alle Teile des Interviews direkt in die Auswertung einfließen. Fragen, die nicht anforderungsbezogen sind, also nicht direkt nach eignungsrelevanten Merkmalen fragen, haben keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung. Allerdings können diese den Gesamteindruck über den Bewerber beeinflussen!

Für die Auswertung sollten Sie die zuvor erstellten Anforderungen zu Hilfe ziehen und ein Rating machen, wie stark die Person die Anforderung erfüllt. Eine Skala von 0 („erfüllt Anforderung gar nicht“) bis 5 („erfüllt Anforderung optimal“) ist sinnvoll. Aber Vorsicht! Die Anforderungen sind unterschiedlich relevant und sollten auch dementsprechend gewichtet werden.

Alternativ zu den Ratings können die einzelnen Abschnitte des Interviews auch kurz zusammengefasst und daraus ein Gesamturteil gebildet werden. Auch das Gefühl hat einen Einfluss auf die Entscheidung, was auch zu einem gewissen Grad in Ordnung ist. Achten Sie aber darauf, dass die Entscheidung hauptsächlich auf der Erfüllung der vorher festgelegten Anforderungen beruht.

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